Welche Auswirkungen es hat, dass angehende Lehrer während ihres Studiums Praktika in Schulen absolvieren, wurde bisher schon sehr oft untersucht (siehe dazu Meyer 2010 S. 4), allerdings trat auch bei diesen Untersuchungen ein Problem auf, das Dick in einem allgemeineren Kontext wie folgt beschreibt:
"Die Ergebnisse und Resultate der analytisch-empirischen Bildungs- und Unterrichtsforschung überzeugen nicht genügend: So sind sie entweder zu speziell (akademische Fragestellungen), oder zu allgemein (Generalisierbarkeit für lokale Kontexte nicht ‚situationsspezifisch’ genug); darüber hinaus noch inhaltlich ‚überzufällig’ oft miteinander konfligierend." (Dick 2002 in Klement et al., S. 118)
Da der Grund dafür in den Untersuchungsmethoden vermutet wurde, kam im Rahmen dieser Studie ein zu den bisherigen Methoden alternierendes Untersuchungsdesign zum Tragen. Dabei wurde nach im Rahmen eines grundsätzlich qualitativen Designs nach dem „wie“ der Verarbeitung von kritischen Situationen in Schulpraktischen Studien aus der subjektiven Sicht der Lehramtstudenten gefragt. Zusätzlich wurden systematisch quantitative Aspekten ergänzt, ohne dabei die Forschungslogiken der unterschiedlichen Ansätze ungültig zu vermengen (Zum Unterschied zwischen diesen Ansätzen siehe http://imihome.imi.uni-karlsruhe.de/nquantitative_vs_qualitative_methoden_b.html).
Mit diesem Ausgangspunkt wurden die folgenden Forschungsfragen formuliert, um die Wirkungen und Wirkungszusammenhänge der Schulpraktika auf den Kompetenzerwerb von Lehramtstudenten zu erforschen:
- “Welche Situationen werden von den Studierenden in ihren ersten Praxiskontakten aus welchem Grund als bedeutsam empfunden?“
- “Wie bewältigen Lehramtstudierende kritische Situationen in Schulpraktischen Studien?“
Zur Untersuchung dieser Forschungsfragen wurde die Grounded Theory gewählt (Glaser & Strauss, 1967; Strauss & Corbin, 1996). Da das Vorgehen im Rahmen dieses Ansatzes (noch) relativ unbekannt ist, wird hier ein kurzer Überblick gegeben. Die Grounded Theory ist ein anerkanntes (vgl. Lamnek, 2008) methodologisches Rahmenkonzept für vorwiegend qualitative „bottum up“-Forschungen. Das Ziel ist, mithilfe einer Kombination von Methoden aus gesammelten Daten eine gegenstandsverankerte Theorie zu erstellen. Das Vorgehen richtete sich in der vorliegenden Studie größtenteils nach den detailliert ausgearbeiteten Vorschlägen von Strauss und Corbin (1996), die laut Strübing (2008) forschungslogisch gut begründetet sind:
Zu Beginn wurde die Datengrundlage einer gegenstandsverankerten Theorie offen kodiert, das heißt, es werden verschiedene Phänomene zu Kategorien zusammengefasst und zu den Kategorien jeweils Eigenschaften und dimensionale Ausprägungen erfasst. Im Anschluss folgte das axiale Kodieren, bei dem die Kategorien nach einem bestimmten System miteinander in Bezug gesetzt wurden. Laut Corbin und Strauss steht dabei in jeder gegenstandsverankerten Theorie ein Phänomen mit einem bestimmten Kontext von Eigenschaften im Mittelpunkt. Durch verschiedene Handlungs- und Interaktionsstrategien versuchen Akteure, mit dem Phänomen umzugehen, was mit darauf folgenden Konsequenzen verbunden ist. Es wird durch ursächliche Bedingungen ausgelöst und von intervenierenden Bedingungen begleitet, die Einfluss auf die handlungs- und interaktionalen Strategien haben. Dieses System wurde als Grundlage genommen, um die Daten zu sequenzieren. Zuletzt wurden während des selektiven Kodierens zu den Zusammenhängen einzelner Kategorien Hypothesen erstellt und überprüft, die Vorhersagen erlauben. Die Kodierung ist mit dem ersten selektiven Kodieren nicht abgeschlossen, stattdessen wird mehrfach zwischen den Kodierarten gewechselt und, auch das ist ein wesentliches Merkmal der Grounded Theory, solange Daten neu erhoben und ausgewertet, bis eine „gesättigte“ und valide gegenstandsverankerte Theorie entstand. Das Verfahren ist in der folgenden Grafik schematisch dargestellt:
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